Zerbrochene Versprechen – und der Mut, neu zu beginnen

Darius war mein erster richtiger Freund. Ich war verliebt, wollte ihn heiraten, sah in ihm den Vater meiner Kinder. Mit vierzehn führte mich mein Weg von Moldawien in die Schweiz. Nach dem Tod meines Onkels, bei dem ich meine Kindheit verbracht hatte, kam ich zu meiner Mutter. Doch zwischen uns herrschte Spannung, und bald zog ich in ein Jugendheim. Tagsüber Schule, abends Freunde – so begegnete ich Darius. Wir zogen zusammen, träumten von einer gemeinsamen Zukunft.

Natürlich stritten wir, wie jedes Paar. Doch es gab diese Jungs, die ihn umgaben – Gestalten mit gekrümmten Rücken, grauen Gesichtern, nervösen Händen. Einer klemmte sich die Zigarette hinter das Ohr, ein anderer ließ die Hose so tief hängen, dass die Unterwäsche hervorblitzte, ein Dritter spuckte Worte wie Gift. Mir zog es jedes Mal den Magen zusammen, wenn sie auftauchten.

Dann fand ich Drogen in seiner Hosentasche. Er stritt es ab, beschuldigte mich der Kontrolle, seine Stimme wurde lauter, Türen knallten. Ein mulmiges Gefühl begleitete mich von da an, doch ich verdrängte es. Er war schließlich der Mann, den ich heiraten wollte.

Vier Tage vor der Hochzeit eskalierte ein Streit. Darius packte mich an den Haaren, riss so heftig, dass er ein Büschel in der Hand hielt. Bis heute erinnert eine kahle Stelle an meinem Hinterkopf an diesen Moment. Ich redete mir ein, es sei ein Ausrutscher. Ich annullierte die Hochzeit, doch gab ihm eine zweite Chance. Etwas in mir war jedoch zerbrochen.

Die Streits wurden heftiger. Einmal, im Auto, schlug er mir mit der Faust ins Gesicht. Wortlos stieg er aus, ließ mich zurück. Als ich ihn später nicht hereinließ, kam er mit der Polizei – stellte mich als hysterisch dar. Sein Zorn wuchs. Ich erinnere mich an die Küche: seine glasigen Augen, geballten Fäuste, mein Messer in der Hand. Doch als seine Hand meinen Hals umklammerte, ließ ich es fallen. Unser Sohn Daniel saß stumm in der Ecke. Darius warf mich zu Boden, trat auf mich ein. Er wirkte wie jemand anders. Wie ein wild gewordenes Tier. Unaufhaltsam. Sein Gesicht hochrot.

Ich wusste: Es war vorbei. Ich bat um die Trennung. Zu meinem Glück ging er – überzeugt, selbst das Opfer zu sein.

Daniel vermisste seinen Vater. Nachts weinte er, suchte Nähe, und ich konnte ihm den Kontakt nicht verwehren. Also zogen wir in eine Wohnung über der seiner Mutter – jeder mit einem Zimmer, Daniel zwischen uns.

Doch eines Tages öffnete mir nicht Darius die Tür, sondern einer seiner Kumpel: Zigarette hinterm Ohr, mein Kind im Arm. Sie sperrten Daniel in Darius’ Zimmer, während Darius mir ins Gesicht spuckte. Ich hörte meinen Sohn schreien, spürte, wie mir die Luft wegblieb, wie eine lodernde Wut in mir aufstieg und mein Herz zu zerspringen drohte.

Da erschien Darius’ Mutter, entsetzt: „Das kannst du nicht machen, Darius! Denke an Daniel.“ Sie hatte unten die Stimmen und das Poltern gehört. Für einen Moment wirkte sie bestürzt – doch ich wusste, bald würde sie ihn wieder trösten, ihn in Schutz nehmen, wie sie es immer tat.

Ich schrieb meinem einzigen Freund, Tim. Er kam sofort, holte Daniel und mich ab und brachte uns ins Frauenhaus. Meine Sachen blieben zurück, von Darius’ Mutter verschlossen. Sie hatte das Schloss ausgewechselt. Ich hatte keine Kraft, darum zu kämpfen – vielleicht war es genau das, was ich brauchte: einen klaren Schnitt.

Im Frauenhaus bekamen Daniel und ich das Nötigste. Neue Kleider, ein Dach über dem Kopf – alles, was wir zum Überleben brauchten. Und ein Stück Würde zurück.

Heute weiß ich nicht, wie es weitergeht. Daniel sieht seinen Vater regelmäßig, er liebt ihn. Ich will neu beginnen: eine Wohnung finden, Sozialhilfe beantragen, einen Kitaplatz für Daniel finden. Ich träume davon, wieder zu malen, meine Bilder auszustellen.

Was mir bleibt, ist Hoffnung. Hoffnung auf eine stabile Zukunft, Freude an der Zeit mit meinem Sohn. Ich habe gelernt, nie aufzugeben. Ich bin stolz, weil ich schon so vieles überstanden habe. Ich stehe immer wieder auf. Doch diesmal will ich mir Hilfe holen – um die Wunden zu heilen, für mich und für mein Kind.

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