Wenn sich die Dunkelheit still und leise über die Landschaft legt und das Licht hinter dem Horizont verschwindet, beginnen die Sterne zu leuchten. Im Grunde sind sie immer da – ganz gleich, wie hell die Sonne strahlt. Im Grunde ist alles immer da: Sonne, Mond, Sterne – die gesamte Galaxie. Doch nicht alle Elemente nehmen stets denselben Raum ein. Bei Sonnenlicht werden die Schatten sichtbar, bei Nacht die Lichter.
Das eine kann ohne das andere nicht wahrgenommen werden. So sehe ich auch die Sterne unter den Menschen – im Zusammenspiel der Natur, wenn sich Dunkelheit über unsere Welt ausbreitet. Dann, wenn ein kleiner Teil der Bevölkerung versucht, das gesamte Licht für sich zu beanspruchen, als wären sie wie Insekten, die von strahlenden Lampen angezogen werden, nur um wie besessen um sie zu kreisen. Sie verschlucken das Licht und lassen die anderen im Dunkeln – ohne zu bedenken, dass gerade diese Dunkelheit die Sterne zum Leuchten bringt. Die Lauten, die Liebevollen, die Sorgenden, jene mit strahlenden Seelen und reinem Herzen treten hervor und erhellen das Düstere der Welt. Menschen, die anders sind, als es die Norm verlangt – solche, die hinterfragen, auffallen und anecken – glitzern im Schatten.
Es fällt mir nicht leicht hinzusehen. Dorthin, wo es weh tut, wo sich der Abgrund menschlichen Verhaltens zeigt. Wenn die Schwächsten und Kleinsten angegriffen werden, wenn das Grundrecht auf Schutz verwehrt bleibt, wenn das Gleichgewicht der Gesellschaft aus den Fugen gerät – dann fühlt es sich an wie auf einem sinkenden Schiff. Ja, das schmerzt. Dann möchte ich lieber nur im Sonnenlicht stehen, die Wärme auf der Haut spüren und nie mehr an Regen, Sturm oder Nacht denken. Und doch entscheide ich mich, die Augen zu öffnen, den stechenden Schmerz in der Brust auszuhalten – so lange, bis er sich verwandelt. In Kraft. In Mut.
Vielleicht sind es gerade diese Momente der Dunkelheit, in denen wir nicht nur nach den Sternen am Himmel, sondern auch nach dem Licht in uns selbst suchen. Denn was im Großen geschieht, spiegelt sich oft im Kleinen wider – in unseren Geschichten, Prägungen, Erinnerungen. Schmerz kann hässlich sein, grau und trüb wie eine matschige Suppe, die einem den Magen verdirbt. Doch er kann süß sein, wenn er mit Liebe gewürzt ist – wie eine Melodie, die durch die Zellen fließt und kleine, bittersüße Nadelstiche hinterlässt.
Es gilt, diesen bittersüßen Schmerz zu finden – in der Dunkelheit, im Abgrund des Menschlichen, dort, wo das Licht von den Mächtigen dieser Welt gestohlen wird. Denn genau dort werden ungehörte Stimmen lauter, Freundschaften enger, Ideen kreativer und die Solidarität größer. Vielleicht können wir die Motten, die sich nur am Licht festklammern, nicht davon abhalten, es für sich allein zu beanspruchen. Aber wir können – egal wie dunkel die Welt erscheint – immer Ausschau nach den Sternen halten.